Ja, heißt man denn so als Lesebühne ? Doch da auch kalte Dinge heißen, gibt es für alles eine Erklärung:

Der Name.

Es war ein Tag. Die Sonne hing - wie so oft - am Himmel herum. Nur sah man sie nicht, wohl wegen der Bedeckung. Ich fragte mich, ob es nicht um vieles sinnvoller wäre, zu schlafener Nacht das Himmelbett über die Ohren zu ziehen ? Warum am hellerlichten Tag ? War die Sonne krank ? Hatte sie Nachtschicht ? ... auf der anderen Seite der Erde ? Weitere Fragen setzten sich ungefragt auf die Liste der zu beantwortenden, doch hatte ich für solches keinerlei Sinn. In den Park zog es mich, wo diejenigen Vögel, welche nicht aus Gründen der Fehlernährung, des Alkoholismus oder des Weltschmerzes von den Bäumen gefallen waren – und derer gab es viele – durch kollektives Hervorbringen von Lauten ein anarchisches Ambiente schufen, ganz wie es Sinfoniker, wohl wegen des Kontrastes, vor Beginn ihres Konzertes herbeizuführen suchen. Der Lärm von den Wipfeln schallte so heftig, dass einem wenn nicht sehen, so doch hören hätte vergehen können, wenn man Ohrenlider besäße. All dies grausige Geschrei, Gequake, Getröte und Gekrächz veranstalten unsere gefiederten Freunde ja nur, um in der Zeit, da sie des Fliegens überdrüssig sind, unter Beweis zu stellen, dass sie dennoch Vögel, also was besseres seien als ihre bodenhaftenden Verwandten. Dies macht sie uns so ähnlich. Doch ich suche nur eines darin: Inspiration. Davon brauche ich heute mehr als genug. Ein Name ist zu ersinnen für eine Lesebühne.

Die blanke Not ist mein Motiv. Dem Selberlesen kaum geneigt, kommt Text nur rezitiert mir in das Ohr. Vor-Lesebühnen also brauche ich, so wie der Storch die Schnabeltasse, verdurstend sonst am Tresen.

Nun denn, die Park-Bank ward besetzt, der Block gezückt - mein Low-Level-Laptop, der vielschichtige - dazu die Spitzmaus Stift. Die Vögel hatten gute Arbeit geleistet. Die vortrefflichen und genialen Namen purzelten mir nur so aus dem Hirn: "die Papierpiloten", "Reformbühne Heim und Welt", "Stirnhirnhinterzimmer", "Surfpoeten", "Chaussee der Enthusiasten", "Brauseboys", "Liebe statt Drogen", "Marabühne" und weitere mehr. Doch schon schrie ein Igel aus dem Gebüsch, oder waren es zwei ?: "Die gibt's es schon all hie. In Potsdam und Berli(n)." So, so ! Was wohn ich auch in Brandenburg. Obwohl ? Ein Wort zur Heimat für des Märkers sandige Seele ? Back to Roots and Local Heroes ? Berühmte Söhne dieser Stadt ? Wie wärs mit: "Loriots Nachlese" oder "Graf Lambsdorfs Lesehilfe" ? Oder wie hieß gleich dieser Franzose ? De la Motte Fouque !

Was wollte der überhaupt hier ? Als mir in Kinderzeit zu Ohren kam, dass Brandenburg man einstens Chur und Hauptstadt hieß , bescherte mir dies zunächst eines jener sprachlichen Mysterien, die man immerfort in Gedanken vor sich hersprechen muß, bald aber auch die feste Überzeugung, dass der Herr König von Sanssouci, denn wo sonst gab es Könige, in Brandenburg zur Kur verweilte - sich erhohlen von Großstadtlärm und ausschweifenden Gelagen. Und de la Motte Fouque ? Konnte er den Anblick des Eiffelturms nicht mehr ertragen ? Oder ist er einfach nur hängengeblieben nach einer Lesetour in Preußens Metropole ? Ich glaube, es gibt um große Städte herum einen unsichtbaren Kreis, einen bestimmten post-urbanen Radius hinter dem plötzlich alle Strassenschilder, Wegweiser und sonstige Orientierungshilfen verschwinden und Reisende, da sie nicht vor und zurück und folglich weder ein, noch aus wissen, einfach dableiben, sich mit den örtlichen Sitten und Gebräuchen vertraut machen und bald schon unter Einheimischen nur dadurch kenntlich werden, dass letztere wissen, wo sie sind.

Ich habs: "Fritze Bollmann". Na, wenn das kein Symbol ist ! Fast wie Che Guevara. Der eine starb bei dem Versuch, in Bolivien den Keim einer Weltrevolution zu legen – der andere - beim Angeln. Immerhin ! Doch dann im Himmel einquartiert, ging er daran, den Petrus zu rasieren. Ja ! Aufklärung mit der Klinge ! Da hätten die Ajatollahs nichts zu lachen. Da wär er ab, der Bart. Den nehm' wa'. Also: "Bollmanns bissige Bühnenbarden", "Belletristenbar Bollman", "Bollmann Bier und Bühne". Ach nee, zu proletarisch, nicht angemessen für einen Studentenkeller der zu allem Unglück "IQ" heißt. IQ die letzte Instanz für Hochbegabte, sich IQ-senkende Mittel verschreiben zu lassen. Da machen wir doch glatt einen Namen draus: "Ultima Razzia". Na ?! Der letzte Verstand - versoffen und verkalauert.

Ach Vögel, ihr habt mich betrogen. Soll ich es mit Fröschen versuchen ? "Wenn einer, der mit Mühe kaum, gekrochen ist auf einen Baum .." schon meint, dass er Berater wär - ist er doch nur ein Hochstap-ler ! Doch halt ! Da gab's mal einen, diesen schrägen Designer mit den runden Formen: Luigi Collani geheißen, was vorher Lutz Kollberg aus Neukölln war. Auf denn: die Feile an den Namen und rund geht's. Bestimmt hieß de la Motte Fouque auch nur Motte Fokowski ? Klar, so heißt man einfach nicht, wenn man Schrift stellt, schon gar nicht auf eine Bühne. Also reingelangt in den Topf der Eitelkeiten ! Luigi, wir kommen, die Welt mit den gebügelten Codes verarschen !
Getauft sei hiermit Brandenburgs erste Lesebühne - so heiße man dich kühn: "Le.Bühn." !